Rede der Niedersächsischen Justizministerin Dr. Wahlmann zu TOP 11 „Kinder und Jugendliche vor sexuellem Missbrauch schützen - Rechtsrahmen zur Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten ausschöpfen!“
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 26. März 2025
Es gilt das gesprochene Wort!
„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich glaube, eines ist bei meiner Rede zum vorherigen TOP 10 hinreichend deutlich geworden:
Das Land Niedersachsen nimmt den Kampf gegen Kinderpornografie mehr als ernst.
Das gilt insbesondere für diese Landesregierung.
Wir haben die Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, kinderpornografischer oder sonst jugendgefährdender Schriften bei der Staatsanwaltschaft Hannover erheblich personell verstärkt und werden uns nun mit zwei zusätzlichen Schwerpunktstaatsanwaltschaften noch breiter und gleichzeitig spezialisierter aufstellen.
Die klare Botschaft ist:
Wir gehen entschieden gegen alle Formen kinderpornografischer Inhalte vor und ziehen diejenigen zur Rechenschaft, die solches Material besitzen, verbreiten oder gar herstellen.
In einem Punkt hat der vorliegende Antrag dabei recht:
Unsere Ermittlungsbehörden können nur dann gute Arbeit leisten, wenn wir ihnen die nötigen rechtlichen Befugnisse geben, um Straftaten konsequent aufklären zu können.
Im Kampf gegen Straftaten im Netz heißt das:
Es muss möglich sein, Licht in die vermeintliche Anonymität des Internets und speziell des Darknets zu bringen.
Dazu gehört es, IP-Adressen sicher den jeweiligen Nutzern zuordnen zu können.
Wenn man auf das Datum und die Stoßrichtung dieses Antrags guckt, weiß man allerdings, was dessen Zielsetzung war:
Sie haben damit den – im Übrigen untauglichen – Versuch unternommen, in Punkto Vorratsdatenspeicherung eine vermeintliche Differenz zwischen dem damaligen Innenminister Boris Pistorius und mir offenzulegen.
Ich kann Ihnen versichern, dass es schon damals keinen Dissens innerhalb der Landesregierung gab – und es gibt ihn auch jetzt nicht.
Dass nicht nur der Europäische Gerichtshof, sondern auch das Bundesverfassungsgericht wiederholt Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung gekippt haben, erwähnen Sie nur am Rande.
Über juristische Details dieser Urteile kann man lang und breit debattieren – oder man kann sie, wie der vorliegende Antrag, schlicht ignorieren.
Den Kindern, die für pornografische Aufnahmen ausgebeutet, gedemütigt und missbraucht werden, hilft beides kein Stück weiter.
Was sie – und damit auch die Ermittlungsbehörden – brauchen, sind schnelle und rechtssichere Lösungen.
Diese Lösungen hätten wir längst haben können, wenn alle Beteiligten über ihren Schatten gesprungen wären und im ersten Schritt dem „Quick Freeze-“Verfahren, also einer anlassbezogenen Speicherung von Daten auf richterliche Anordnung in Verdachtsfällen, zugestimmt hätten.
Ob das allein auf Dauer ausreicht, kann man gerne diskutieren. Aber es wäre auf jeden Fall ein wichtiger erster Schritt gewesen, für den es Mehrheiten gegeben hätte.
Und da gilt aus meiner Sicht im Interesse der Opfer: „Besser der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“
Leider ist dieses Vorhaben aber an politischen Maximalforderungen nicht zuletzt der Parteifreunde der Antragsteller gescheitert.
Allein deshalb stehen wir im Bereich IP-Daten auch heute noch ziemlich blank da.
Wir können nur froh sein, dass unsere internationalen Partner uns so regelmäßig mit umfangreichen Informationen auch zu niedersächsischen Tatverdächtigen versorgen.
Das alles ist aber nun Schnee von gestern. Die Rahmenbedingungen sind heute, mehr als zwei Jahre nach der Antragstellung, völlig andere.
Der EuGH hat vor gut einem Jahr seine bisherige Linie aufgegeben und schließt eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen jetzt nicht mehr völlig aus.
Gleichzeitig formiert sich in Berlin in diesen Tagen eine neue Regierung – und ich bin mir sicher, dass man sich dort in den letzten Zügen der Koalitionsverhandlungen auch beim Thema IP-Adressen und Verkehrsdaten einigen wird.
Dabei gilt für mich ganz klar: Wir brauchen endlich klare, pragmatische und vor allem rechtssichere Lösungen, die die effektive Bekämpfung von Straftaten und den notwendigen Schutz der Grundrechte in einen angemessenen Ausgleich bringen.
Was wir ganz sicher nicht brauchen, sind Maximalforderungen, die uns direkt in die nächste endlose politische Debatte oder die nächste Pleite vor den obersten Gerichten treiben – und den Zugriff auf die nötigen Daten haben wir dann immer noch nicht.
Die Niedersächsische Landesregierung bringt sich auf dem Weg zu einer sinnvollen Lösung seit Jahren sowohl intensiv als auch konstruktiv ein und wird das auch weiter tun.
Diesen veralteten Antrag brauchen wir dazu nicht.
Vielen Dank!“
Artikel-Informationen
erstellt am:
26.03.2025
Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Christoph Sliwka, LL.M.
Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 05111205044