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Rede der Niedersächsischen Justizministerin Dr. Wahlmann zu TOP 10 „Den Kampf gegen Kinderpornografie intensivieren und noch entschlossener durchführen!“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 26. März 2025


Es gilt das gesprochene Wort!


„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich muss es einfach so sagen: Das ist einer der seltsamsten Anträge, die mir in diesem Parlament je untergekommen sind – und an Realitätsverkennung nicht zu überbieten.

Man kommt nicht umhin zu fragen, ob Ihnen von der AfD-Fraktion das nicht peinlich ist: Sie fordern eine Zentralstelle, die wir in Niedersachsen seit 1992 (!) – also seit mittlerweile 33 Jahren (!) – haben und die seit 33 Jahren sehr erfolgreich arbeitet.

Und selbst wenn die letzten 33 Jahre in dieser Frage spurlos an Ihnen vorbeigegangen sein sollten – Ihre Organisation ist ja noch recht neu – dann müssten Sie doch wenigstens das mitbekommen haben, was in den letzten knapp zweieinhalb Jahren in diesem Parlament gelaufen ist: Jedes Jahr haben wir mehrfach (!) über die Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, kinderpornografischer oder sonst jugendgefährdender Schriften bei der Staatsanwaltschaft Hannover gesprochen. Über die steigenden Fallzahlen, die uns über die USA zugeleitet werden, über die personelle Belastung, über die psychische Belastung – und darüber, dass wir diese Zentralstelle zur Bekämpfung der Kinderpornografie massiv unterstützt haben – dazu aber gleich mehr.

Und dann stellen Sie sich hierhin und fordern allen Ernstes die Einrichtung einer Zentralstelle, die seit 33 Jahren erfolgreich arbeitet?!

Statt zu fordern, dass wir hier in Niedersachsen nach anderen Vorbildern Zentralstellen einrichten, die wir schon lange haben, sollten Sie lieber in anderen Bundesländern vorstellig werden und dort anregen, dass diese sich ein Beispiel an unserer ganz hervorragenden Zentralstelle hier in Hannover nehmen.

Oder haben Sie den Antrag etwa von der AfD-Fraktion aus einem anderen Bundesland abgeschrieben, ohne zu prüfen, ob er überhaupt auf Niedersachsen passt?

Möglicherweise wäre es empfehlenswert, mal die eigene Blase zu verlassen und die Realitäten im Land anzuerkennen.

Dann würden Sie auch sehen, dass WIR wirklich etwas tun, um Kinderpornografie wirksam zu bekämpfen und die Täter zu bestrafen.

Das Thema ist nämlich viel zu ernst, um es für – günstigen – Populismus zu missbrauchen.

Kinderpornografie gehört zu den widerwärtigsten Straftaten überhaupt.

Man kann es passiv formulieren:

Hinter jedem Bild, hinter jedem Video steht ein Kind, das zum bloßen Objekt der sexuellen Phantasien eines Erwachsenen gemacht wurde.

Man kann es aber auch aktiv formulieren:

Hinter jedem Bild, hinter jedem Video steht ein Erwachsener, der ein Kind ausgebeutet, misshandelt und missbraucht hat.

Dem es ganz offenkundig gleichgültig ist, ob er damit nicht nur das Kind aktuell körperlich und seelisch verletzt, sondern dem es auch ganz offenkundig gleichgültig ist, ob er damit die gesamte weitere Entwicklung des Kindes zerstört.

Das steht moralisch auf unterster Stufe.

Und auch diejenigen Täter, die die Dateien nicht selbst herstellen, sondern ausschließlich konsumieren, machen sich mitschuldig: Denn auch hier gelten die Gesetze von Angebot und Nachfrage. Würde Kinderpornografie nicht nachgefragt, würde Kinderpornografie nicht oder kaum produziert. So einfach ist das. Und darum bekämpfen wir Kinderpornografie auf allen Ebenen auf das Energischste – und an der Spitze steht die Zentralstelle zur Bekämpfung gewaltdarstellender, kinderpornografischer oder sonst jugendgefährdender Schriften bei der Staatsanwaltschaft Hannover.

Diese Zentralstelle sieht sich einer enorm steigenden Anzahl an Fällen gegenüber. Mit zuletzt rund 14.000 Verfahren ist die Belastung in den letzten Jahren regelrecht explodiert. Das ist das Ergebnis beeindruckender weltweiter Ermittlungserfolge im Internet und der guten internationalen Zusammenarbeit in diesem Bereich.

Als Justiz haben wir darauf reagiert. Zuletzt haben wir die Zentralstelle im Jahr 2024 gezielt deutlich personell verstärkt auf nun knapp 18 Vollzeitstellen im staatsanwaltschaftlichen Dienst. Die Staatsanwaltschaft Hannover insgesamt hat 2024 und erneut 2025 ebenfalls eine erhebliche personelle Verstärkung bekommen.


Gleichzeitig haben wir gemeinsam mit den Verantwortlichen vor Ort überlegt, was man noch mehr tun kann. Als Ergebnis dieses Prozesses werden wir die Last besser verteilen. Das heißt: Die Zentralstelle in Hannover bekommt ab diesem Jahr Unterstützung durch zwei neue Schwerpunktstaatsanwaltschaften. Sie werden in den Bezirken Braunschweig und Oldenburg künftig einen Großteil der Verfahren übernehmen, in denen es um Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie geht. Hannover bleibt für diese Verfahren im Bezirk Celle zuständig und übernimmt zudem landesweit Verfahren von herausragender Bedeutung im Bereich der Bekämpfung von Kinderpornografie, insbesondere bei der Verfolgung von organisierten Strukturen.

In diesem Zuge schaffen wir noch einmal sieben Stellen im staatsanwaltschaftlichen Dienst und acht Stellen im ehemaligen mittleren Dienst, die exklusiv bzw. schwerpunktmäßig zur Bekämpfung der Kinderpornografie dienen.

Und auch in der Prävention tun wir eine Menge:

Die Polizeiliche Kriminalprävention leistet bundesweit Vorbildliches. Erst im letzten Jahr hat sie das Thema „Kinderpornografie“ im Rahmen einer Aktionswoche zum „Safer Internet Day“ intensiv in den Fokus gerückt. Mit Kampagnen wie „Soundswrong“ geht es speziell darum, Kinder und Jugendliche, aber auch ihre Eltern und Lehrerinnen und Lehrer für den richtigen Umgang mit kinderpornografischen Inhalten zu sensibilisieren. Es geht um die klare Botschaft: Kinderpornos sind kein Material für vermeintlich „lustige“ Memes. Sie sind schwere, abscheuliche Straftaten, die man sofort melden sollte.

Über den Landespräventionsrat fördern wir Projekte, mit denen Kinder und Jugendliche über die Risiken aufgeklärt und vor sexuellem Missbrauch geschützt werden sollen, mit 150.000 Euro jährlich. In den letzten fünf Jahren konnten so gut 50 Projekte unterstützt werden.

Diese Präventionsarbeit schützt Kinder und Jugendliche ganz konkret – anders als Anträge, die sich auf dem Stand von vor über 30 Jahren bewegen.

Sie sehen: Das Land Niedersachsen beugt Kinderpornografie aktiv vor. Und wenn sie doch produziert, besessen oder verbreitet wird, verfolgen wir die Straftaten und bestrafen die Täter. Und zwar konsequent und energisch.

Diesen Antrag braucht dazu keiner.

Kommen Sie aus Ihrer Bubble und erkennen Sie die Realitäten.

Danke!“


Schmuckgrafik   Bildrechte: MJ

Artikel-Informationen

erstellt am:
26.03.2025

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Christoph Sliwka, LL.M.

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 05111205044

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