Rede der Niedersächsischen Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann zu TOP 39a Aktuelle Stunde der Fraktion der CDU: „Justizskandal in Niedersachsen – Drogenmafia und Maulwurf: Justizministerin in der Verantwortung!“
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 12. Dezember 2024
Es gilt das gesprochene Wort!
„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
wir haben in Niedersachsen knapp 16.000 Beschäftigte in der Justiz, einschließlich des Justizvollzugs.
Nahezu alle dieser Beschäftigten – von der Richterin bis zum Wachtmeister – arbeiten mit sehr hohem Engagement und einer herausragenden persönlichen Integrität für die Sache – und unsere Sache ist die Gerechtigkeit.
Von diesen 16.000 Menschen steht nun ein einzelner Staatsanwalt im Fokus dieser aktuellen Stunde.
Ein Staatsanwalt, der im Verdacht steht, sich strafbar gemacht zu haben.
Ich wage mal zu behaupten, dass der Prozentsatz der schwarzen Schafe innerhalb der Justiz verhältnismäßig gering ist – aber es gibt sie und vermutlich wird es sie auch immer geben.
Ich verwehre mich aber energisch dagegen, dass deswegen die gesamte niedersächsische Justiz aus politischem Kalkül oder für ein paar billige Klicks in den Dreck gezogen wird.
Die niedersächsische Justiz ist die Garantin der Gerechtigkeit in unserem Land – das ist so und das wird auch so bleiben.
Bei Neueinstellungen ist die Justiz schon aus Eigeninteresse stets bestrebt, nur die besten Bewerberinnen und Bewerber einzustellen – und das beinhaltet selbstverständlich auch die berechtigte Erwartung, dass sie sich jederzeit an Recht und Gesetz halten werden.
Das geschieht durch strukturierte Einstellungsverfahren und das geschieht auch durch die Einholung von Auskünften aus dem Bundeszentralregister.
In der ganz weit überwiegenden Anzahl der Fälle haben sich die positiven Erwartungen an unsere Bediensteten mehr als erfüllt – so gut wie alle arbeiten intensiv daran, die Rechtsangelegenheiten der Menschen in diesem Land zügig einer gerechten Lösung zuzuführen.
Im Fall des beschuldigten Staatsanwalts der Staatsanwaltschaft Hannover haben sich die Erwartungen, die die Justiz, die wir als Land an einen Staatsanwalt stellen, nicht nur möglicherweise nicht erfüllt, sondern gegebenenfalls sogar ins absolute Gegenteil verkehrt. Ich sage bewusst „gegebenenfalls“, weil selbstverständlich auch in diesem Fall die Unschuldsvermutung gilt.
Dieser Staatsanwalt wurde übrigens nicht in Niedersachsen eingestellt, sondern in Berlin.
Im Jahr 2019, also weit vor meiner Zeit, wurde er vom Land Berlin zunächst nach Niedersachsen abgeordnet und im Jahr 2020 endgültig nach Niedersachsen und an die Staatsanwaltschaft Hannover versetzt.
Ein Bundeszentralregisterauszug wurde zum damaligen Zeitpunkt nach unserem derzeitigen Kenntnisstand nicht eingeholt.
Diese Praxis haben wir jetzt geändert:
Das Justizministerium fordert jetzt nicht nur bei Neueinstellungen, sondern auch bei Versetzungen einen BZR-Auszug an.
Dem besagten Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Hannover wird vorgeworfen, in den Jahren 2020 und 2021, also in der vorigen Legislaturperiode, an die Beschuldigten in einem großen Drogenverfahren gegen Bezahlung Dienstgeheimnisse weitergegeben zu haben.
Diese Vorwürfe wiegen sehr schwer.
Wir nehmen die Sache deshalb – übrigens auch im Interesse der übrigen fast 16.000 Bediensteten in der niedersächsischen Justiz, die Tag für Tag mit vollem Einsatz für unseren Rechtsstaat einstehen – äußerst ernst.
Deshalb habe ich nach Bekanntwerden der gravierenden Vorwürfe gegen den Beschuldigten auch stets betont:
Dieser Fall muss zügig und umfassend aufgeklärt werden.
Und genau das ist es, was die Kolleginnen und Kollegen der Staatsanwaltschaft Osnabrück gerade mit viel Engagement und höchstem Einsatz tun.
Wenn Sie nun bemängeln, dass die Staatsanwaltschaft Hannover die Ermittlungen in diesem Fall zunächst selbst geführt hat, möchte ich klarstellen:
Uns liegen bislang keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass nicht auch die Kolleginnen und Kollegen in Hannover das Verfahren mit der gehörigen Professionalität und Akribie geführt hätten. Vielmehr war es – zur Erinnerung – die Staatsanwaltschaft Hannover selbst, die gegen den beschuldigten Staatsanwalt den inzwischen vollstreckten Untersuchungshaftbefehl beantragt hat.
Und trotzdem ist mir als Justizministerin natürlich daran gelegen, dass nicht der leiseste Hauch eines Zweifels an der Integrität unserer niedersächsischen Justiz aufkommt.
Ich bin daher der Auffassung, dass schon der böse Schein einer zu großen Nähe zwischen Ermittlungsbehörde und Beschuldigtem von vornherein zu vermeiden ist.
Deshalb habe ich nach der Festnahme des beschuldigten Staatsanwalts auch schnell und konsequent gehandelt – und zwar nicht nur im konkreten Einzelfall, sondern grundsätzlich und verbindlich:
Durch einen von mir verfügten Erlass habe ich nun ein für alle Mal klargestellt, – und auch das war vorher nicht der Fall – dass bei solchen Ermittlungsverfahren gegen Bedienstete einer Staatsanwaltschaft künftig nicht mehr die eigene Staatsanwaltschaft ermittelt, sondern das Verfahren an eine andere Staatsanwaltschaft abzugeben ist.
Lassen Sie mich aber an dieser Stelle deutlich betonen: Dieser Erlass ist kein Misstrauensvotum gegenüber unseren Staatsanwältinnen und Staatsanwälten.
Er schafft vielmehr Transparenz, Klarheit und Rechtssicherheit und nimmt den Staatsanwaltschaften und Generalstaatsanwaltschaften damit für die Zukunft eine mitunter schwierige Einzelfallentscheidung ab.
Das muss konsequenterweise natürlich auch für den aktuellen Fall gelten. Dieser wurde deshalb an den Generalstaatsanwalt in Oldenburg verwiesen, der ihn wiederum in eigener Zuständigkeit an die Staatsanwaltschaft Osnabrück übertragen hat. Dort wird das Verfahren nun von einem Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Osnabrück geführt.
Und was die Stellenbesetzung bei der Staatsanwaltschaft Hannover betrifft – auf diese gehe ich gerne ein: Diese nimmt das Justizministerium nach den Kriterien von Eignung, Leistung und Befähigung vor. Und sofern es – wie hier – mehrere Bewerbungen auf eine Stelle gibt, wird nach dem Prinzip der Bestenauslese verfahren. Und genau so war es hier auch.
Mein Haus und ich stehen an der Seite der Justiz.
Begangene Straftaten werden unsere erstklassig arbeitenden niedersächsischen Staatsanwaltschaften aufklären.
Und wir werden unsere Staatsanwaltschaften dabei stärken und unterstützen.
Vielen Dank!“
Artikel-Informationen
erstellt am:
12.12.2024
Ansprechpartner/in:
Frau Verena Brinkmann
Nds. Justizministerium
Pressesprecherin
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 5044