Rede der Niedersächsischen Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann zu TOP 14 „Das juristische Staatsexamen digitalisiert – dem Zeitalter von Nachwuchsjuristinnen und Nachwuchsjuristen gerecht werden“
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 6. November 2024
Es gilt das gesprochene Wort!
„Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
Niedersachsens Justiz ist endgültig im digitalen Zeitalter angekommen. Ende dieses Jahres wird die elektronische Akte an allen 128 Gerichten an rund 7.500 Arbeitsplätzen verfügbar sein.
Nächstes Jahr werden wir das Mammutprojekt der Umstellung auf die e-Akte dann aller Voraussicht nach erfolgreich abschließen und sie auch in den noch ausstehenden Rechtsgebieten, insbesondere auch im Strafrecht, sowohl bei den Gerichten als auch bei den Staatsanwaltschaften einführen.
Das heißt nicht nur für unsere Bediensteten, sondern auch für die rund 750 jungen Menschen, die jedes Jahr das juristische Referendariat beginnen: Schluss mit staubigen Papierakten.
Alle, die demnächst in ihr Referendariat starten, werden an volldigitalen Akten ausgebildet.
Wir starten also demnächst mit der ersten Generation an Referendarinnen und Referendaren – aber auch mit den ersten Generationen an Richterinnen, Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, die nie eine Papierakte in der Hand gehalten haben werden.
Um dem Rechnung zu tragen, wollen wir – wenn dieses Hohe Haus dem Haushaltsentwurf der Landesregierung für das Jahr 2025 zustimmt – in den Jahren 2025 und 2026 für alle Referendarinnen und Referendare erstmals landesweit dienstliche Laptops anschaffen. So stellen wir sicher, dass unsere jungen Kolleginnen und Kollegen auch in digitalen Zeiten schnell und praxisnah am Arbeitsplatz ausgebildet werden können.
Unsere Referendarinnen und Referendare sind so auch künftig ein Teil des „Team Justiz“ – und das ist gut so. Wir setzen auf eine umfassende, moderne Ausbildung für die Juristinnen und Juristen von morgen.
Das klingt nicht nur gut – das ist es auch tatsächlich.
Eine Baustelle bleibt aber: Beim Staatsexamen stecken wir derzeit noch voll im analogen Zeitalter.
Im zweiten Staatsexamen werden innerhalb von zwei Wochen acht fünfstündige Klausuren mit jeweils bis zu 20 oder sogar 30 Seiten Text per Hand auf Papier geschrieben.
Das soll jetzt ein Ende haben – und das ist nicht nur der Wunsch der antragstellenden Fraktionen, sondern insbesondere auch der Wunsch vieler Studierenden- und Referendarvertretungen.
Jetzt kann man sich hinstellen und sagen:
Was soll der ganze Aufwand mit dem e-Examen? Es hat noch keinem geschadet, die paar Klausuren mit der Hand zu schreiben.
Und Sie wissen ja, dass Sie von mir in der Regel deutliche Worte hören, und deshalb will ich ganz klar sagen:
Ja, es ist in der Tat gut zu schaffen, acht fünfstündige Klausuren innerhalb von zwei Wochen mit der Hand zu schreiben.
Natürlich ist das anstrengend.
Aber Generationen über Generationen von Juristinnen und Juristen haben es geschafft. Auch viele hier im Saal.
Aber: Wenn wir es ernst meinen mit der Digitalisierung der Justiz – und wenn wir es ernst damit meinen, als Justiz und auch als Land Niedersachsen eine attraktive Arbeitgeberin sein zu wollen –, dann können wir auch bei den Prüfungen nicht im analogen Zeitalter stehenbleiben.
Wir müssen und wir wollen mit der Zeit gehen und auch im Vergleich mit anderen Bundesländern wettbewerbsfähig bleiben.
Wir werden daher nicht nur das Examen zukünftig am Laptop schreiben lassen, sondern auf Sicht den gesamten Prüfungsprozess in unserem Landesjustizprüfungsamt digital und modern gestalten:
· Meldung zum Examen,
· Prüfungsakte,
· Klausuren und
· Korrektur
– das alles müssen wir nahtlos und ohne Medienbrüche ins digitale Zeitalter holen.
Dazu haben wir in den letzten Monaten intensive Vorarbeiten geleistet und sind nun bald startklar.
Gerne würden wir die komplette Bereitstellung und Begleitung der elektronischen Klausuren selbst aus Bordmitteln leisten. Und unser Zentraler IT-Betrieb – unser ZIB – könnte das auch.
Aber in der derzeitigen absolut heißen Phase der Einführung der e-Akte an den Gerichten und Staatsanwaltschaften haben wir dafür leider absolut keine Kapazitäten.
Zu einem späteren Zeitpunkt wird das sicherlich der Weg werden.
Für die Startphase brauchen wir aber einen externen Partner oder eine externe Partnerin, darum werden wir die Betreuung der e-Klausuren zunächst ausschreiben.
Dieser Entschließungsantrag kommt daher genau zur rechten Zeit. Wenn Sie den Antrag heute so beschließen, werden wir die technische Betreuung des e-Examens im kommenden Jahr ausschreiben – und im Jahr 2026 könnten dann die ersten Referendarinnen und Referendare ihre Examensarbeiten endlich digital anfertigen.
Frau Präsidentin,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Niedersachsen wird digital.
Die Justiz ist mittendrin.
Geben Sie auch den Referendarinnen und Referendaren ein klares Zeichen, dass sie als Teil des Teams Justiz, des Teams Niedersachsen in die digitale Zukunft gehen.
Vielen Dank!“
Artikel-Informationen
erstellt am:
06.11.2024
Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Christoph Sliwka, LL.M.
Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 05111205044