Landesbeauftragter gegen Antisemitismus zu Besuch in Nienburg
Im Juli 2020 hat das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland (CJD) e.V. die Beratung von Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt übernommen. Gefördert wird die Betroffenenberatung aus Landes- sowie Bundesmitteln. Der in Nienburg ansässige Verein ist eines von insgesamt drei Regionalbüros der Betroffenenberatung in Niedersachsen und derzeit zuständig für den nordöstlichen Raum.
Statistisch verzeichnet die Betroffenenberatung für das vergangene Jahr eine erkennbare Zunahme an Beratungsfällen und Beratungstätigkeiten im Zusammenhang mit antisemitischen Übergriffen. Zur intensiven Eruierung dieser Entwicklung und zum Austausch über die Herausforderungen der alltäglichen Arbeit der Betroffenenberatung machte sich der Niedersächsische Landesbeauftragte gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, Franz Rainer Enste am gestrigen Montag auf den Weg nach Nienburg zum Christlichen Jugenddorfwerk.
„Gerade vor dem Hintergrund einer eingeschränkten Vertrauensbasis der Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Übergriffe gegenüber der Polizei und Justiz ist es umso wichtiger, dass es zivilgesellschaftliche Stellen gibt, an die sich betroffene Personen wenden können. Die Betroffenenberatung trägt insofern eine große gesellschaftliche Verantwortung.“ konstatierte der Landesbeauftragte vor seinem Zusammentreffen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Christlichen Jugenddorfwerk.
Im Anschluss folgte der Landesbeauftragte der Einladung des Direktors der Polizeiakademie Niedersachsen, Carsten Rose, und eröffnete am Nachmittag mit einem Grußwort die Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Deportation der letzten Jüdinnen und Juden aus Nienburg. Am 28. März 1942 waren die verbliebenen 18 Jüdinnen und Juden der bereits stark geschrumpften jüdischen Gemeinde zu Nienburg von der SS gezwungen worden sich mit wenigen Habseligkeiten auf dem Schlossplatz einzufinden. Dort hatte man in der beschlagnahmten jüdischen Gartenbauschule ein Sammellager für die Deportation von Juden und Sinti in Ghettos und Konzentrationslager in Polen und dem Baltikum eingerichtet.
Unter dem Titel „Erinnerungskultur und polizeiliche Bildungsarbeit“ wurde mit Impulsvorträgen an die traurigen Ereignisse erinnert. In einer Podiumsdiskussion zwischen polizeilichen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen bzw. Akteuren galt es zudem die historischen Erfahrungen, die gezeigt haben, wie fragil die demokratische Ordnung und das System der Polizei sein kann, zu eruieren.
Enste begrüßte die Initiative sehr: „Den Erhalt der Erinnerungen an das Leidvolle der NS-Zeit sehe ich als eine wichtige Aufgabe im Kampf gegen den erstarkenden Antisemitismus an. Angesichts einer immer größer werdenden zeitlichen Distanz zu den Geschehnissen scheint sich langsam ein Verblassen der Geschichte einzustellen. Wir müssen dem entgegenwirken! Daher gilt es, immer und immer wieder an die Ereignisse zu erinnern und deutlich zu machen: ´Nie wieder!´“
In seinem Grußwort betonte der Landesbeauftragte darüber hinaus, dass die deutsche Erinnerungskultur ein einmaliges Immunsystem gegen Hass und Hetze sei. Sie müsse deshalb gepflegt und gesichert werden.
Artikel-Informationen
erstellt am:
29.03.2022
Ansprechpartner/in:
Geschäftsstelle des Landesbeauftragten gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens
Nds. Justizministerium
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: (0511) 120 - 8750