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Landesbeauftragter gegen Antisemitismus besucht Osnabrück

Der Niedersächsische Landesbeauftragte gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, Dr. Franz Rainer Enste, nimmt am kommenden Montag, den 13. September 2021, verschiedene Termine in Osnabrück wahr.

Zunächst besucht er die Jüdische Gemeinde Osnabrück und lernt dort Rabbiner Shimi Lang kennen. Sodann besichtigt er das Felix-Nussbaum-Haus, wo er sich neben der Sammlung auch zur Veranstaltungsreihe „Jiddische Klangperspektiven“, einem von vielen niedersächsischen Beiträgen zum Festjahr 1.700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland, austauscht. Zuletzt macht er Halt im Regionalbüro der Betroffenenberatung dem Verein „Exil e.V.“, um mehr über die wichtige Arbeit der Beratungsstelle für Opfer von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt zu erfahren.

Einen besonders wichtigen Teil der Arbeit des Niedersächsischen Landesbeauftragten gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens bilden seit Aufnahme dieser Tätigkeit neben der Pflege einer intensiven Zusammenarbeit mit den beiden Landesverbänden die Besuche der jüdischen Gemeinden vor Ort. Als Ansprechpartner sucht Enste hier den direkten Kontakt und einen regen persönlichen Gedankenaustausch.

Die jüdische Gemeinde in Osnabrück, in der seit letztem Jahr der ursprünglich aus der Schweiz stammende Rabbiner Shimi Lang wirkt, zählt aktuell ca. 926 Mitglieder und hat eine lange Tradition. Bereits im Mittelalter soll es eine große jüdische Gemeinde in Osnabrück gegeben haben. Die erste Synagoge entstand um das Jahr 1360 innerhalb der Johannisleischaft in der Redlinger Straße. Nach der Vertreibung im 15. Jahrhundert etablierte sich erst zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue jüdische Gemeinschaft, die 1906 schließlich eine neue Synagoge errichtete. Diese wurde während der Novemberpogrome in Brand gesetzt und die wenigen noch in Osnabrück lebenden Jüdinnen und Juden wurden bis Dezember 1941 deportiert. Obwohl die jüdische Gemeinde über viele Jahre nach Kriegsende nur sehr klein blieb, entschloss man sich dazu eine neue Synagoge und ein neues Gemeindehaus zu errichten. Am 01. Juni 1969 wurde die heutige Synagoge In der Barlage eingeweiht. In den 90er Jahren änderte sich die Situation der Gemeinde durch die Zuwanderung vieler Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion. Daher wurde bald beschlossen, die Synagoge und das Gemeindehaus zu erweitern. Der Synagogenanbau wurde am 03. Februar 2010 feierlich unter Teilnahme der damaligen Präsidentin des Zentralrats der Juden, Frau Charlotte Knobloch, und dem damaligen Ministerpräsidenten, Christian Wulff, eröffnet.

„Bei meinem Besuch der Osnabrücker Gemeinde möchte ich gerne neben der spannenden Geschichte auch in die Gegenwart blicken und mich nach den aktuellen Belangen, Sorgen und Fragen z.B. in Bezug auf antisemitische Vorfälle, aber auch das jüdische Leben im Hier und Jetzt erkunden.“, betont der Landesbeauftragte Enste. So ginge es bei dem Kennenlernen immer auch um die Erhellung von Problemfeldern, auf die die Öffentlichkeit stets aufmerksam gemacht werden müsste.

Das Felix-Nussbaum-Haus ist als einzigartiger Ausstellungsort 1998 vom amerikanischen Architekten Daniel Libeskind entworfen worden und zeigt mit der Dauerausstellung zur Sammlung Werke des 1904 in Osnabrück geborenen Malers. Felix Nussbaum hat wie kein Zweiter seine Erlebnisse und Erfahrungen in seinen Bildern dokumentiert und so ein einmaliges Zeugnis vom Leben eines verfolgten Künstlers in der NS-Zeit geschaffen. „Für Niedersachsen stellt das Museum einen wichtigen Bestandteil der jüdischen Kunst- und Kulturszene dar.“, kommentiert Enste. Insbesondere mit der Veranstaltungsreihe „Jiddische Klangperspektiven“, welche am 25. September 2021 ein Erzählkonzert mit Sveta Kundish und Patrick Farrell beinhaltet, trage das Felix-Nussbaum-Haus zur weiteren Sichtbarmachung jüdischen Lebens in Deutschland bei. Der Landesbeauftragte hierzu: „Wir müssen Kultur als signifikante Kraft erkennen, die jüdisches Leben näherbringen und so populistischer Einfalt entgegenwirken und humanistische Werte unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vermitteln kann.“

Seinen Besuch in Osnabrück beendet der Landebeauftragte gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens mit einem fachlichen Austausch im Regionalbüro der Betroffenenberatung. Die Betroffenenberatung richtet sich an Opfer von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und unterstützt Betroffene bei der emotionalen Aufarbeitung oder bei der Anzeigenerstattung. „Insbesondere die Schaffung von Schutz- und Rückzugsräumen ist nach solch teils traumatischen Erlebnissen ein wichtiger Bestandteil der Aufarbeitung.“, bemerkt Enste. So sei es in jeder Form zu begrüßen, dass Niedersachsen vor dem Hintergrund der in diesem Zusammenhang stehenden zunehmenden gesellschaftlichen Herausforderungen über so ein Beratungsangebot verfügt.

Seit Juli 2020 ist der Verein „Exil – Osnabrücker Zentrum für Flüchtlinge e.V.“ Träger der Betroffenenberatung im Raum Nordwest-Niedersachsen. Über die Betroffenenberatung hinaus unterstützt der Verein seit seiner Gründung im Jahr 1987 Geflüchtete sowie Migrantinnen und Migranten bei der Integration durch Beratung, Qualifizierung, das Erlernen der deutschen Sprache sowie mit Freizeit-, Begegnungs- und Kulturangeboten. Außerdem sensibilisiert der Verein durch verschiedene Angebote für das Thema Diskriminierung und setzt sich für ein starkes Miteinander ein. Der Landesbeauftragte dazu: „Insbesondere die Stärkung des Miteinanders schafft Respekt und Toleranz für andere Menschen. Das ist der Kitt unserer heutigen Gesellschaft!“

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.09.2021

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