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Justizministerin beantwortet die Mündliche Anfrage „Welche Ermittlungen laufen bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig im Zusammenhang mit dem Volkswagen-Konzern?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 15. Oktober 2015, Mündliche Anfrage Nr. 63


Die Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage Nr. 63 des Abgeordneten Karl-Heinz Bley (CDU):

Vorbemerkung des Abgeordneten

NDR.de berichtete am 28. September 2015 über eine Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Braunschweig im Zusammenhang mit der „Abgasaffäre“ bei Volkswagen: „Wir haben gegen Herrn Winterkorn ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges eingeleitet‘, so B. S. von der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Bisher seien zehn Anzeigen von Privatpersonen eingegangen, gab die Juristin bekannt.“

Am 29. September 2015 gab die Staatsanwaltschaft Braunschweig auf ihrer Internet-Homepage eine Presseinformation heraus, in der ein Ermittlungsverfahren gegen einzelne Personen nicht erwähnt wird:

„Die Staatsanwaltschaft Braunschweig, Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen, hat aufgrund von Strafanzeigen im Zusammenhang mit der ‚Abgasaffäre‘ ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Der Schwerpunkt der Ermittlungen liegt auf dem Vorwurf des Betruges durch den Verkauf von Kraftfahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten. Weiter ist in diesem Zusammenhang eine Strafanzeige der Volkswagen AG ohne Benennung eines Beschuldigten eingegangen.

Zielrichtung der Ermittlungen ist insbesondere die Klärung der Verantwortlichkeiten. Da namentlich gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Martin Winterkorn Anzeige erstattet wurde, erfolgt auch diesbezüglich die Prüfung eines Anfangsverdachts. Bei Vorliegen eines Anfangsverdachts besteht die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Der Anfangsverdacht muss jedoch auf konkreten Tatsachen beruhen, wobei offenkundige Tatsachen des Zeitgeschehens eine Rolle spielen können.“

Die Süddeutsche Zeitung berichtete online am 30. September 2015: „Es läuft zwar ein Ermittlungsverfahren, aber nicht gegen Winterkorn persönlich, sondern gegen ‚bislang unbekannte Verantwortliche der VW AG‘. Das teilte die Braunschweiger Staatsanwaltschaft am Mittwochabend auf Anfrage der SZ mit. Gegen Winterkorn ist also gar kein Verfahren anhängig.“

Am 1. Oktober 2015 veröffentlichte die Staatsanwaltschaft Braunschweig auf ihrer Internet-Homepage unter der Überschrift „Staatsanwaltschaft Braunschweig bedauert Irritationen im Zusammenhang mit der VW-Affäre“ eine Presseinformation:

„Ein formelles Ermittlungsverfahren wird gegen Prof. Dr. Winterkorn gegenwärtig nicht geführt. Sofern dieser Eindruck entstanden ist, bedauert die Staatsanwaltschaft Braunschweig dies sowie die Irritationen, welche die Pressemitteilungen in diesem Zusammenhang hervorgerufen haben.“

Vorbemerkung der Landesregierung

Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig sind im Zusammenhang mit der sog. Abgas-Affäre des Volkswagen-Konzerns mehrere Strafanzeigen eingegangen, von denen sich einige gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn richteten.

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat daraufhin im Rahmen von Vorermittlungen einen strafrechtlichen Anfangsverdacht gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn geprüft.

Die Anzeigen sind bei der Staatsanwaltschaft in das Register für Strafsachen (Js-Register) mit einem sogenannten Js-Aktenzeichen eingetragen worden. Grundlage für die Eintragung war § 47 Abs. 1 Satz 2 der Anweisung für die Verwaltung des Schriftguts bei den Geschäftsstellen der Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaften - Aktenordnung (AktO) (Nds. Rpfl. 2014, 46). Danach sind Strafanzeigen unabhängig von einem Anfangsverdacht gegen die von dem Anzeigeerstatter beschuldigte Person in das Js-Register für Strafsachen und Bußgeldsachen einzutragen. In der Aktenordnung wird insofern nicht unterschieden zwischen Vorermittlungsverfahren und Ermittlungsverfahren.

Bislang ist gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Die Prüfung der Staatsanwaltschaft, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte gemäß § 152 Abs. 2 der Strafprozessordnung einen Anfangsverdacht gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn und damit die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn begründen, war am 28.09.2015 noch nicht abgeschlossen und dauert auch heute noch an.

Seit dem 25.09.2015 sind bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig zahlreiche Presseanfragen eingegangen, ob dort Strafanzeigen gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn vorlägen. Die Pressestelle der Staatsanwaltschaft sah sich daher veranlasst, am 28.09.2015 eine Pressemitteilung herauszugeben, in der es u. a. heißt: „Die Staatsanwaltschaft Braunschweig, Zentralstelle für Wirtschaftsstrafsachen, hat aufgrund von Strafanzeigen ein Ermittlungsverfahren gegen Prof. Dr. Martin Winterkorn, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG, eingeleitet.“

1. Entsprach die Aussage der Vertreterin der Staatsanwaltschaft Braunschweig bei der Pressekonferenz am 28. September 2015 der Wahrheit, und, wenn nein, aus welchem Grund und auf wessen Veranlassung erfolgte eine solche Aussage?

Durch die schriftliche Pressemeldung der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 28.09.2015 ist in der Öffentlichkeit der falsche Eindruck entstanden, dass gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt werde. Dies bedauert die Staatsanwaltschaft Braunschweig sehr und hat sich dafür entschuldigt. Die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft ist diesem Eindruck umgehend in zahlreichen Interviews mit Radio-, Fernseh- und Presseorganen entgegengetreten und hat dabei nachdrücklich klargestellt, dass der Anfangsverdacht im Rahmen des angelegten Js-Vorgangs noch geprüft werde.

2. Hat die Justizministerin, die Justizstaatssekretärin oder ein anderer Angehöriger des Justizministeriums bzw. ein Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Braunschweig hinsichtlich der Ermittlungen im Zusammenhang mit Volkswagen gehabt und, wenn ja, wer, wann und mit jeweils welchem Inhalt?

Im Rahmen der allgemeinen Dienstaufsicht steht der Generalstaatsanwalt fortlaufend im regelmäßigen Kontakt mit der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Aufgrund der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 28.09.2015 fragte der Generalstaatsanwalt in Braunschweig den amtierenden Leitenden Oberstaatsanwalt, welcher Anfangsverdacht gegen Herrn Prof. Dr. Winterkorn bestehe. Der amtierende Leitende Oberstaatsanwalt stellte daraufhin gegenüber dem Generalstaatsanwalt klar, dass aufgrund mehrerer Strafanzeigen ein Anfangsverdacht erst geprüft werde.

Der Generalstaatsanwalt in Braunschweig hat den amtierenden Leitenden Oberstaatsanwalt daraufhin gebeten, dem in der Öffentlichkeit entstandenen falschen Eindruck entgegenzuwirken und die Pressemitteilung von der Internetseite der Staatsanwaltschaft zu löschen.

Weder die Justizministerin noch die Justizstaatssekretärin hatten Kontakt zur Staatsanwaltschaft in Braunschweig. Dies gilt auch für den zuständigen Abteilungsleiter im Niedersächsischen Justizministerium, der ebenfalls keinen Kontakt zur Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte, wohl aber zum Leiter der Generalstaatsanwaltschaft. Siehe hierzu die Antwort auf die Frage Nr. 2 der Kleinen Anfrage zur mündlichen Beantwortung der Abgeordneten Dr. Marco Genthe, Dr. Stefan Birkner, Christian Dürr, Jörg Bode, Christian Grascha und Gabriela König (FDP) „VW-Abgasaffäre“ – Gegen wen ermittelt die Staatsanwaltschaft? (Teil 2).

Die Pressestelle des Niedersächsischen Justizministeriums hält seit dem 23.09.2015 im Rahmen des Verfahrenskomplexes „Volkswagen“ regelmäßigen Kontakt zur Staatsanwaltschaft Braunschweig, um die laufend eingehenden Presseanfragen beantworten zu können. Der Kontakt beschränkt sich überwiegend auf die Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig und hat die Erfragung des jeweiligen Sachstandes in verfahrens- und presserechtlicher Sicht zum Gegenstand.

Lediglich am 23.09.2015 führte der 2. Pressesprecher in Vorbereitung der Landespressekonferenz ein Gespräch mit dem amtierenden Leitenden Oberstaatsanwalt zum aktuellen Sachstand. Am gleichen Tag erkundigte sich auch der zuständige Referent der Fachabteilung des Niedersächsischen Justizministeriums beim amtierenden Leitenden Oberstaatsanwalt nach dem Sachstand.

3. Wie viele und welche Ermittlungsverfahren bzw. wie viele und welche Vorermittlungen werden aktuell im Zusammenhang mit den Software-Manipulationen in Kraftfahrzeugen gegen Unbekannt und gegen konkrete Personen geführt?

Anders als gegen Prof. Dr. Winterkorn führt die Staatsanwaltschaft Braunschweig im Zusammenhang mit den Software-Manipulationen derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Beschuldigte. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.

Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.10.2015

Ansprechpartner/in:
Herr Marco Hartrich

Nds. Justizministerium
Pressesprecher
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: 0511 / 120 - 5162

www.mj.niedersachsen.de

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