Enste: „Schändungen jüdischer Friedhöfe keine Bagatelle.“
Auf Einladung der Forschungsstelle Bet Tfila spricht der Niedersächsische Landesbeauftragte gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, Dr. Franz Rainer Enste, auf der heutigen Auftaktveranstaltung zum Projekt „Net Olam – Jüdische Friedhöfe im Fokus von Antisemitismus und Prävention“ in Braunschweig.
Auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sind rund 2.400 jüdische Friedhöfe zu finden. Sie bilden ein außerordentliches religiöses und kulturelles Erbe, das nicht selten jahrhundertealt ist. Vielerorts sind diese Friedhöfe die einzig noch sichtbare Erinnerung an ein ehemals jüdisches Leben.
Der hebräische Begriff „Bet Olam“, mit dem ein jüdischer Friedhof bezeichnet wird, bedeutet übersetzt „Haus der Ewigkeit“. So gelten nach den jüdischen Religionsgesetzen die Grabstätten als unantastbar und Schändungen jeglicher Art wiegen besonders schwer. Diese Übergriffe verletzten nicht nur die Totenruhe, sondern richten sich auch gegen die jüdische Bevölkerung als Ganzes.
Bisher waren Angriffe auf jüdische Begräbnisstätten selten Gegenstand der Antisemitismusforschung. Das Projekt „Net Olam“ nimmt sie nun bewusst in den Fokus. Gemeinsam mit dem Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege untersucht die Bet Tfila - Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa der Technischen Universität Braunschweig - die Hintergründe und das tatsächliche Ausmaß der Übergriffe auf jüdische Friedhöfe.
Hierzu werden deutschlandweit die Schäden und die daraus resultierenden materiellen wie immateriellen Folgen erfasst. Um einen möglichst genauen Überblick über die Situation jüdischer Friedhöfe in ganz Deutschland zu erhalten, rufen die Verbundpartner dazu auf, sich an einer Datenerhebung zu beteiligen.
Das Projekt möchte praxisorientiert vorgehen und zielt insbesondere auf die Stärkung der Prävention von jüdischer Kultur. Der Aufbau eines Netzwerkes aus Gemeinden, Verbänden, Initiativen und Einzelpersonen, die sich der Vermittlung und dem Schutz jüdischer Friedhöfe angenommen haben, soll dabei helfen.
Gefördert wird das Verbundprojekt aus der Richtlinie „Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Am heutigen Donnerstag findet die Auftaktveranstaltung an der Bet Tfila – Forschungsstelle im Haus der Wissenschaft in Braunschweig statt.
Neben der offiziellen Projektvorstellung durch Vertreterinnen bzw. Vertreter der Verbundpartner sind als Gäste auch der Niedersächsische Landesbeauftragte gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, Franz Rainer Enste und der Vorsitzende des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen, Michael Fürst, eingeladen.
Im Vorfeld erklärt der Landesbeauftragte: „Friedhöfe sollten grundsätzlich mit Achtsamkeit und Respekt besucht werden – vor allem jüdische Friedhöfe, deren Bewahrung vor dem Hintergrund der dunklen deutschen Geschichte eine immanent wichtige Rolle der Erinnerungskultur einnimmt. Schändungen sind keine ‚Dummenjungen-Streiche‘, sondern antisemitische Handlungen.“
Enste weiter: „Net Olam ist ein Projekt, welches durch eine intensive Erfassungs- und Aufklärungsarbeit gute präventive Maßnahmen für einen größeren und effektiveren Schutz jüdischer Friedhöfe hervorbringen wird.“
Nähere Informationen zum Projekt finden sich unter Net Olam – Jüdische Friedhöfe im Fokus von Antisemitismus und Prävention (hypotheses.org). An der Umfrage zu jüdischen Friedhöfen in Deutschland kann unter dem folgenden Link teilgenommen werden: Jüdische Friedhöfe in Deutschland (tu-bs.de).
Artikel-Informationen
erstellt am:
30.06.2022
Ansprechpartner/in:
Geschäftsstelle des Landesbeauftragten gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens
Nds. Justizministerium
Am Waterlooplatz 1
30169 Hannover
Tel: (0511) 120 - 8750