Niewisch-Lennartz setzt sich auf Justizministerkonferenz für mehr Verbraucherschutz ein
Weitere Themen: Asylrecht, Leichte Sprache, Rehabilitation Homosexueller
Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz setzt sich auf der am Mittwoch in Stuttgart beginnenden Justizministerkonferenz für mehr Verbraucherschutz und ein besseres Gewährleistungsrecht für Handwerksbetriebe ein.
Nach geltender Rechtslage sind Handwerker bzw. Bauunternehmer verpflichtet, bei ihren Kunden verbautes fehlerhaftes Material aus- und fehlerfreies wieder einzubauen. Es besteht aber keine Möglichkeit, die ihnen dadurch entstandenen zusätzlichen Kosten gegenüber dem Verkäufer der fehlerhaften Werkmaterialien geltend zu machen. Konkret bedeutet das, dass ein Handwerker, der beispielsweise ein falsch beschichtetes Fenster bei einem Kunden eingebaut hat, das mangelhafte Fenster auf seine Kosten aus- und ein neues wieder einbauen muss. Der Lieferant des mangelhaften Fensters ist aber nur dazu verpflichtet, das fehlerhafte Fenster zu ersetzen, nicht aber die zusätzlich entstanden Aus- und Einbaukosten. Dieser Umstand kann sich auf die Bereitschaft der Handwerker zur Mängelbeseitigung auswirken und damit auch zu negativen Folgen für den Verbraucher führen.
Niewisch-Lennartz: „Die aktuelle Praxis entspricht nicht dem Verantwortungsprinzip, hat zu einer großen Verunsicherung bei den Handwerksbetrieben geführt und bringt für die Verbraucher oft große Schwierigkeiten. Dieser Missstand muss dringend korrigiert werden. Handwerker müssen die Möglichkeit bekommen, sich die Kosten, die ihnen bei Nachbesserungen entstehen, von dem Unternehmer erstatten zu lassen, der das fehlerhafte Material geliefert hat.“
Darüber hinaus werden auf der Justizministerkonferenz folgende Niedersachsen-Themen besprochen:
Leichte Sprache – Verbesserung des barrierefreien Informationsangebots der Justiz
Die Niedersächsische Justiz ist im Justizbereich bundesweit Vorreiter bei der Bereitstellung eines barrierefreien Informationsangebots in so genannter Leichter Sprache. Das Justizministerium beabsichtigt, die vorhandenen in Leichte Sprache „übersetzten“ Texte den anderen Landesjustizverwaltungen zur Verfügung zu stellen.
Leichte Sprache ist eine Sprachform mit weniger komplexem Satzbau und reduziertem Wortschatz, die optimal auf die Bedürfnisse von Menschen mit kognitiven Einschränkungen zugeschnitten ist.
Justizministerin Niewisch-Lennartz: „Der Justiz fällt es nicht immer leicht, ihre Inhalte sprachlich verständlich zu vermitteln. Das schafft Barrieren, die so unüberwindbar sein können wie Treppen für Rollstuhlfahrer. Wir wollen mehr Brücken zu den Bürgerinnen und Bürgern bauen und ihre Sprache sprechen. Die Leichte Sprache in der Justiz durchbricht sprachliche Barrieren. Sie hilft den Menschen, eigene Rechte wahrzunehmen und Entscheidungen besser zu verstehen. Unsere Erfahrung zeigt, dass nicht nur Menschen mit kognitiven Einschränkungen auf diese Texte zurückgreifen. So wird auch die Bürgerfreundlichkeit der Justiz insgesamt verbessert.“
Im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts des Niedersächsischen Justizministeriums, des Amtsgerichts Hildesheim und des Instituts für Übersetzungswissenschaft und Fachkommunikation der Universität Hildesheim wurden Formulare, Informationsbroschüren und Teile des Internetauftritts des Niedersächsische Justizministeriums in Leichte Sprache übersetzt.
Verbesserungen im Asylverfahren
Niedersachsen schlägt vor, die speziellen verwaltungsprozessualen Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes in einer Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz Niedersachsens und Baden-Württembergs auf ihre Praxistauglichkeit hin zu überprüfen. Dabei soll untersucht werden, ob die Erweiterung von Rechtsschutzmöglichkeiten im Asylverfahrensgesetz zu einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung und damit einhergehend zu einer Beschleunigung der Verfahren, einer Entlastung der Justiz und einem effektiveren Rechtsschutz für die Betroffenen beitragen kann. Die Arbeitsgruppe soll ggf. Vorschläge für Änderungen des Asylverfahrensgesetzes entwickeln.
„Derzeit ist die Asyl-Rechtsprechung sehr uneinheitlich, weil es nur eingeschränkte Möglichkeiten gibt, ein Urteil zu überprüfen. Das führt zu unklaren Rechtslagen und über eine hohe Zahl von Berufungsverfahren auch zu einer Verlängerung der Prozessdauer. Was die Justiz braucht, ist eine einheitlichere Rechtsprechung. Nur so können wir der steigenden Zahl von Asylverfahren Herr werden“, erklärt Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz.
Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer von Strafverfolgung wegen homosexueller Handlungen
Niedersachsen schlägt vor, dass die nach 1945 und in beiden deutschen Staaten gemäß §§ 175, 175 a Nr. 3 und 4 des Strafgesetzbuches und gemäß § 151 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik verurteilten homosexuellen Männer rehabilitiert und entschädigt werden und es hierzu eine bundesgesetzliche Regelung geben soll.
Justizministerin Niewisch-Lennartz: „Es kann nicht sein, dass in Deutschland immer noch homosexuelle Männer mit dem Stigma der Vorbestrafung leben müssen – nur weil sie schwul sind. Deren Rehabilitierung und Entschädigung ist längst überfällig.“
Jahrzehntelang wurden in Deutschland homosexuelle Männer staatlich verfolgt. Erst 1994 wurde der entsprechende § 175 Strafgesetzbuch endgültig gestrichen. 2002 wurden die unter der NS-Diktatur wegen ihrer Homosexualität Verurteilten gesetzlich rehabilitiert. Für die Opfer der antihomosexuellen Sondergesetze nach 1945 steht dieser Schritt noch aus.
Die Justizministerkonferenz
Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister dient der Koordination und Abstimmung der justiz- und rechtspolitischen Vorhaben der Länder und ist zugleich zentrales Instrument für die Vertretung der gemeinsamen rechtspolitischen Interessen der Länder gegenüber dem Bund. Die in der Justizministerkonferenz gefassten Beschlüsse haben zwar keinen Rechtssetzungscharakter, von ihnen können aber maßgebliche Impulse für die rechtspolitische Entwicklung in Deutschland und Europa ausgehen. Die Konferenz ist eine ständige Einrichtung mit jährlich wechselndem Vorsitz, die zweimal im Jahr tagt. Die Frühjahrskonferenz findet am 17. und 18. Juni 2015 in Stuttgart statt. Die Herbstkonferenz trifft sich am 12. November 2015 in Berlin.
Artikel-Informationen
erstellt am:
15.06.2015
Ansprechpartner/in:
Frau Marika Tödt
Nds. Justizministerium
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